Die Seele, die Psyche und die Chakren

Die sieben Chakren könnte man die Organe des Bewusstseins nennen – jede Bewusstseinsform verfügt über eine solche „Ausstattung“ mit Zentren für verschiedene existenzielle Kompetenzen. Größere Bewusstseinsformen setzen sich aus kleineren zusammen, die jeweils über eigene Chakren verfügen. Auch im menschlichen Körper hat gewissermaßen jedes Organ sein Eigenleben und somit seine eigenen Chakren, und auch jede Zelle. Jede Bewusstseinsform kann mit jeder anderen Kontakt aufnehmen, indem sie sich über die Chakren mit ihr verbindet. So findet ein ganzheitlicher Austausch statt, der alle Ebenen des Seins beinhaltet – geistige Impulse, Empfindungen, Absichten, Eindrücke aller Art.

Durch die Chakren kann sich ein Mensch unmittelbar mit einem anderen verbinden, aber auch mit einem Organ seines Körpers, mit einem Tier oder einem beliebigen Wesen, zu dem er sich hingezogen fühlt. Die Chakren sind „Orte“ des Bewusstseins, aber da das Bewusstsein raum-zeitlos und an keinen Ort gebunden ist, kann es sich aufhalten, wo immer es will, mit einem Menschen oder einer Umgebung verschmelzen oder mit höheren Dimensionen des eigenen Seins. Die Chakren eines verkörperten Menschen erfüllen also höchst vielfältige Aufgaben. Sie regulieren nicht nur den Kontakt mit der Außenwelt, sondern auch die Verhältnisse im eigenen Inneren, das Zusammenwirken von Seele, Psyche und Körper. Das Bewusstsein nämlich ist weder mit der Seele, noch mit der Psyche, noch mit dem Körper identisch, sondern springt vielmehr ständig zwischen all diesen Phänomenen hin und her und gewinnt dadurch Einsicht in das Gesamtphänomen der Existenz.

Die Chakren sind somit Zentren der Wahrnehmung, der Aktivität und des Empfindens, über die jede Bewusstseinsform, beispielsweise ein Mensch, verfügt. Das Bewusstsein beziehungsweise der „Geist“ eines Menschen kombiniert sich mit seiner Seele, seiner Psyche und seinem Körper. Psyche und Körper entstehen in jedem individuellen Leben neu, während die Seele auf einer Ebene jenseits von ihnen existiert und dauerhaft bestehen bleibt.

Während der Körper und die Psyche verletzlich und vergänglich sind, ist die Seele stets in sich vollkommen und unantastbar. Sie macht sich die Erfahrungen der Psyche zunutze, um sich zu entfalten. Entfaltung ist ein Vorgang, der absehbar und doch zugleich unberechenbar ist: Sie gleicht der Entfaltung einer Blüte, die in all ihrer Vollkommenheit schon in der Knospe, ja sogar bereits im Samenkorn angelegt war. So entfalten sich die Qualitäten der Seele über viele Entwicklungsstadien und Leben hinweg, doch wie sie sich im Einzelnen manifestieren, bleibt dem lebendigen Zusammenspiel des Bewusstseins mit der Seele, der Psyche und dem Körper ebenso wie mit anderen Menschen und Wesen überlassen.

Was der Mensch in seinem konkreten Leben auslebt, können einerseits seine seelischen Qualitäten wie Liebe, Humor, Talente sein und andererseits seine psychischen Eigenschaften wie Eifersucht, Neid oder Opportunismus. Beides ist menschlich und kein Mensch kann entweder nur das eine oder nur das andere leben. Die „niedrigen“ psychischen Eigenschaften entspringen der Angst und die Angst wiederum entspringt der spezifischen Selbsterfahrung eines menschlichen Wesens, das psychisch und körperlich von anderen getrennt ist. Es kann in diesem Zustand auch nicht eins mit seiner Seele sein, solange es kein volles Bewusstsein seiner seelischen Existenz erlangt hat. Denn diese bleibt hinter dem Körper und seiner Realitätserfahrung zunächst verschleiert.

Die körperliche Erfahrungswelt, zu der die Sinneseindrücke, die Verdauungsfunktionen und die Muskelaktivität zählen, spiegelt die seelische Realität wieder und ist ihr doch nicht gleich: Auch die Seele hat ihre Wahrnehmungs- Empfindungs-, Verarbeitungs- und Handlungsrealität, doch kann sie sich nicht als getrennt von anderen Seelen oder als in Konflikt mit anderen stehend erfahren. Die Psyche, die unmittelbar mit dem Körper zusammenhängt, kann dies schon. So kann das Bewusstsein, indem es sich in den Körper und die Psyche begibt, eine völlig neuartige Realität erfahren. Diese Realität erzeugt einen interessanten und herausfordernden Kontrast zur seelischen Erfahrungswelt. Erst dieser Kontrast ermöglicht es dem Bewusstsein im Zusammenspiel mit der Seele, „sich selbst zu erkennen“. Das Bewusstsein springt dabei zwischen der seelischen und der körperlich-psychischen Welt hin und her. Jedes Mal, wenn es einen Erkenntnisfortschritt gemacht hat, integriert es „ein Stück Seele“ in die Psyche beziehungsweise den Körper. Dann kann sich „ein Stück Seele“ im erlebbaren Austausch mit der Welt entfalten.

Ein konstruiertes Beispiel mag dies veranschaulichen: Ein Mensch der Frühzeit befindet sich in einer Situation von akuter Nahrungsmittelknappheit, da die Vorräte der Sippe nicht für den Winter reichen. Der Körper meldet Hunger, die Psyche reagiert mit Gereiztheit, dazu kommt Angst in Anbetracht der ungewissen Zukunft. Er könnte auf die Idee kommen, seine Jagdwaffe zu nehmen und die Nachbarn zu töten, vielleicht zusammen mit einem Verbündeten, um den Winter mit Hilfe ihrer Vorräte sicher zu überleben. Für diese „Lösung“ spricht, dass es besser erscheint, wenn wenige überleben und die anderen überraschend schnell sterben, als wenn alle quälend langsam verhungern, so dass der ganze Clan ausstirbt. Gegen diese Idee spricht, dass niemand weiß, ob man von einem anderen Clan vielleicht Hilfe bekäme oder ob man doch noch durch Jagd über den Winter kommen könnte. Derartige Konflikte könnten in der seelischen Realität jenseits der Verkörperung nicht entstehen. Wenn sich der Hungrige für seine „Lösungsidee“ entscheidet, wird eine innere Stimme, die nichts mit kultureller Überlieferung oder erlerntem „Gewissen“ zu tun hat, deutlich protestieren. Egal was er nun unternimmt, er macht dadurch einen Bewusstwerdungsfortschritt: Falls er sich entschließt, die innere Stimme „abzutöten“, indem er seine Psyche vom Einfluss seiner Seele trennt, so dass er imstande ist, die Nachbarn zu töten, verfällt er dadurch in tiefes Leid. Er muss in einem Zustand innerer Gespaltenheit weiterleben, bis er sich im Empfinden starker Reue und großen Schmerzes davon erlöst. Diese Erlösung bringt ein vertieftes Verständnis dafür, wer er eigentlich ist. Er würde nun nie wieder solches Leid auf sich nehmen, lieber würde er physisch verhungern.

Er könnte dieses vertiefte Seelenbewusstsein aber auch auf einem anderen Weg erreichen: Der Hunger könnte ihn zur Kreativität anregen und zur intensiven Beratung mit der Nachbarschaft über die Situation. Die Not könnte die Menschen so, die bisher vielleicht eher blind nebeneinander her gelebt haben, auch näher zusammen bringen. Einige kräftige Männer könnten sich zu einer Erkundungsreise in entfernte Regionen aufmachen, um hilfsbereite Menschen zu suchen. Zudem könnten sie unterwegs nach Wild Ausschau halten. Niemand wüsste, ob die Männer in einem fremden Clan freundlich aufgenommen würden, oder ob sie vielleicht sogar um ihr Leben fürchten müssten. Doch die grundsätzliche Hilfsbereitschaft, die man in der eigenen Gruppe füreinander entwickelt hat, würde das Vertrauen stärken, dass im Grunde alle Menschen solche Qualitäten haben, also auch die Fremden. So würde ein Abenteuer seinen Lauf nehmen, das allen Beteiligten glückliche Erfahrungen bringen könnte, entsprechend ihrer Offenheit und Bereitschaft, der inneren Wahrheit zu folgen.

Die seelischen Qualitäten der verbindenden Liebe und gegenseitigen Unterstützung könnten anlässlich der körperlich-psychischen Herausforderung „Nahrungsmittelknappheit“ entdeckt und entfaltet werden. So dient das Leben innerhalb der Materie immer der Selbst-Bewusstwerdung und immer dann, wenn Menschen dafür offen sind, auch der Selbst-Verwirklichung.

Seelische Verwirklichung wird dadurch möglich, dass die Chakren, also die Zentren des Bewusstseins, die Psyche und die Seelenenergie im Körper miteinander verschmelzen. Seelische Qualitäten können sich dann verwirklichen, wenn sie durch die Psyche beziehungsweise Persönlichkeit und den Körper gelebt werden. Handelt die Persönlichkeit ohne Bezug zur Seele, spricht man vom „Ego“; seine Triebkraft ist Angst. Somit stellt Angst einen Zustand der Getrenntheit von der seelischen Seins-Erfahrung dar.

Die Chakren sind die Zentren des Bewusstseins, und sie wirken als „Energieumschlagplätze“ sowohl für seelische als auch für seelenfremde Energien – je nachdem, in welchem Erfahrungsbereich beziehungsweise Schwingungsbereich sich das Bewusstsein gerade aufhält. So können Menschen durch das Herz-Chakra miteinander Liebe austauschen und ein Gefühl des Eins-Seins erleben, wenn sie sich gemeinsam in einem Zustand der Seelenschwingung aufhalten. Andererseits können sie im Herz-Chakra ein Gefühl der Kälte spüren, wenn sie einen „herzlosen“ Umgang miteinander pflegen. Dabei halten sie sich in einer seelenfremden, nämlich in einer verlangsamten Schwingung auf.

Solche „Ego-Frequenzen“ entstehen durch eine Blockierung und Reduzierung des natürlichen Energieflusses, weil das Ego eine kontrollierende und unterdrückende Wirkung auf die Lebensenergie ausübt. Wer nicht bald wieder in einen freien Energiefluss zurückkehrt, gerät in Kreisläufe der Angst und des Unwohlseins. Er gefährdet seine Gesundheit und zieht negative Energien aus seiner Umgebung an, also negative Gedanken- und Gefühlsimpulse, da er mit ihnen mitschwingt beziehungsweise in Resonanz ist. In einem Zustand der Meditation hingegen stellt ein Mensch Resonanz zu hohen Schwingungen her, die ihn mit „Licht“ beziehungsweise glücklichen Empfindungen und Einsichten versorgen. Welche Energien man anzieht, hängt also davon ab, womit man sich – absichtlich oder unabsichtlich – verbindet.

Wie ein Radiogerät aus vielen gleichzeitig ankommenden Frequenzen präzise das gewünschte Programm durch die Einstellung der Antenne empfängt, kann auch der Mensch seine „innere Antenne“ wunschgemäß einstellen. Wer eine achtsame innere Haltung bewahren kann, kann in wichtigen Situationen „bei sich bleiben“, statt sich in die von anderen ausgesandte Negativität zu verstricken.

Oft geschieht Verstrickung aber unmerklich, weil die Seelenenergie noch mit „positiver Ego-Energie“ verwechselt wird. Der Lernweg der Selbst-Bewusstwerdung zielt auf Unterscheidungsvermögen ab. Die Psyche nutzt jedoch oft scheinbar positive Verhaltensweisen, um Angst zu unterdrücken und scheinbar positiven Austausch mit anderen zu pflegen. Dieser Austausch allerdings ist nicht frei und deshalb nicht lebendig. Auch hier handelt es sich um eine verlangsamte, seelenfremde Schwingung. In diesem Zustand ist ein Mensch energetisch angreifbar und kann leicht ausgenutzt, irregeführt und fremdbestimmt werden. Die Fähigkeit, die wahre eigene Schwingung zu erkennen und aufrechtzuerhalten, muss im Leben immer wieder verfeinert und neu erworben werden.

„Fremdenergien“ sind Vorstellungen. Gedanken, Absichten und Empfindungen, die Angst, Unwohlsein und Konflikte erzeugen. Sie können durch die Chakren empfangen und ausgesandt werden und auch in die Psyche „eingelagert“ werden, solang diese an ihnen festhält und sie für wahr hält. Die seelenfremden Energien setzen die Gesamtschwingung und das Wohlergehen ihres Trägers herab, bis er sich ihrer bewusst wird und sie „abwirft“. Solange er sie „mit sich herumträgt“, bringen sie ihn durch das Resonanzprinzip mit den Ängsten und Ego-Energien anderer in Kontakt und führen zu mehr Angst, Schwierigkeiten und Verstrickungen.

Um Fremdenergien loszulassen, ist es nötig, alte traumatische und unverarbeitete Erlebnisse zu „verdauen“, Gefühle zu verarbeiten und die richtigen Schlüsse aus ihnen zu ziehen, damit die Seelenenergie in den Körper zurückkehren kann. Dies bringt den Energiefluss wieder in Ordnung, beseitigt „blinde Flecken“ im System und die dadurch hervorgerufene Anfälligkeit. Wenn eine höhere Wahrheit erkannt und integriert wird, können die niedrigeren Überzeugungen und ihre Auswirkungen das System verlassen.

So kann beispielsweise Verbitterung ein verschlossenes Herz nach sich ziehen, was den Betreffenden für weitere Enttäuschungen anfällig macht. Irgendwann aber beschließt er, die Ursprünge der Verbitterung aufzuarbeiten und wird so wieder offen und frei. Das bringt ihn in Resonanz mit eher glücklichen, liebevollen Menschen. Nun kann er eine neue Beziehungsqualität erleben, und damit erschließt sich eine neue Bewusstheit für das eigene Sein.

Aus dem Buch “Grundängste und Selbstverwirklichung. Wege der inneren Befreiung” von Monika Mahr – 2012

Monika Mahr

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